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Industrie 4.0 : Resilienz-by-Design: Engineering als Start­punkt für krisenfeste Wertschöpfung

Nicht zuletzt die zunehmende Individualisierung von Produkten stellt Unternehmen vor die Herausforderung, resiliente Strukturen aufzubauen. Neue Konzepte setzen hierfür bereits in der Entwicklung an.

Ein resilientes Unternehmen zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, un­vorher­seh­bare Krisen zu bewältigen. Hierfür verfolgt es entweder erfolgreich präventive Strategien oder verfügt über besonders effiziente Regenerations­fähigkeiten. Dies setzt einerseits robuste interne Strukturen voraus und andererseits eine hohe Reaktionsfähigkeit nach außen. 

Einen regelrechten Boom hat das Konzept während und nach der Corona-Pandemie erfahren. Wer sich jedoch mit der Entwicklung von Industrie 4.0 auskennt, der weiß, dass Resilienz von Anfang an auch ihr erklärtes Ziel war und alles andere als neu ist. 

Heute gehen die Überlegungen noch einen Schritt weiter und zielen darauf ab, in Unternehmen eine Art “Resilienz-by-Design” zu etablieren.

Produktbezogene Resilienz

Gemeint ist eine produktbezogene Resilienz, die ihren Ausgangspunkt bereits im Engineering hat. Die Idee: Jeder Kundenauftragsprozess zielt auf die termin- und qualitätsgerechte Lieferung der gewünschten Erzeugnisse. Ihre Sicherstellung hat oberste Priorität. Erreicht werden kann dies durch den weitgehenden Ausschluss von Risiken im gesamten Wertschöpfungsprozess, was die Produktgestaltung beim Engineering miteinschließt. 

Dies ist als zusätzlicher Ansatzpunkt besonders sinnvoll, da die zunehmende Individualisierung der Erzeugnisse kontinuierlich auch die Varianz der Produkte bis hin zur “Stückzahl-1-Fertigung” steigert. Dies beeinflusst die Auswahl von Baugruppen, Materialien oder auch die zu nutzenden Fertigungstechnologien, während gleichzeitig ein latentes Ausfallrisiko von Lieferketten besteht. 

Ausfallrisiken existieren zudem auch für lokal genutzte Ressourcen und Technologien – in Abhängigkeit von Komplexität oder Kritikalität mit unterschiedlicher Tragweite. Hierzu können Schwachstellenanalysen erste Hinweise liefern.   

Intrinsische Resilienz

Eine Möglichkeit, diese intrinsische Resilienz in Bezug auf eine Diversifizierung der Lieferkette zu steigern, besteht darin, alternative Systemdesigns zu berücksichtigen – nicht nur im Hinblick auf die ersatzweise Lieferung von Baugruppen oder Vormaterialien. Dies kann gelingen, wenn das Engineering auf variable Produktstrukturen zurückgreifen kann. Fallen Lieferanten oder eigene Ressourcen aus, ist das Unternehmen in der Lage, flexibel und schnell alternative Beschaffungs- oder Produktionsstrukturen zu nutzen. 

Damit einher geht jedoch eine massiv erhöhte Komplexität der dazu notwendigen Planungsalgorithmen, deren Funktionieren stets aktuelle Informationen zum Zustand der gesamten (internen und externen) Lieferkette voraussetzt. In Zukunft wird es folglich darauf ankommen, Variabilitätsmodelle und Variationspunkte zu beschreiben und damit eine schrittweise Automatisierung der Prozesse zu ermöglichen. 

Variable Produktstrukturen sind hilfreich, wenn z. B. Lieferungen ausfallen. iStock/gorodenkoff

Variable Produktionstechnologien

Die angestrebte intrinsische Resilienz der Produkte betrifft naturgemäß auch die zu verwendenden Produktionstechnologien. Hierbei geht es sowohl um die eigenen (lokalen) als auch um die Fähigkeiten der Partner in der Lieferkette. Entwerfen Unternehmen alternative Produktstrukturen, verändern sich automatisch auch die technologischen Anforderungen in der Lieferkette. 

Das heißt, die Gestaltung variabler Produktionstechnologien setzt auch voraus, dass die optionalen Fähigkeiten der Partner bekannt sind. Denn nur so können sie in den alternativen Strukturen bereits beim Engineering der eigenen Erzeugnisse genutzt werden. In bestimmten Settings kann es sogar sinnvoll sein, produktunabhängige und technologiebezogene Variabilitätsmodelle gemeinsam mit Lieferanten auszuarbeiten und gegenseitig verfügbar zu machen. 

Kennzahlen simulieren

Auch weitere Ausbaustufen derartiger Konzepte finden zunehmend Beachtung. Sie betreffen vor allem die Simulation diverser Kennzahlen alternativer Produktdesigns. Hierfür lassen sich Zwillinge (z. B. Lieferkette, Engineering, Produktion) für simulationsbasierte Tests möglicher Strukturen bzw. Komponenten und Subsystemen in frühen Phasen der Entwicklung nutzen. Die Unternehmen können die ermittelten Kennzahlen der Varianten wie z. B. Kosten, Termine und Qualitäten später nutzen, um im Auftragsfall gezielt alternative Strukturen auszuwählen.

Zugriff auf Alternativen

Ob hohe Produktvarianz oder Lieferkettenstörungen: Die Resilienz von Fertigungs­unter­nehmen lässt sich erheblich steigern, wenn schon im Engineering alternative Strukturen inklusive Fertigungstechnologien angelegt werden und diese bestenfalls in Zusammenarbeit mit Lieferanten abgestimmt werden. 

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Karl Tröger Business Development Manager, PSI Software SE

Seit mehr als 20 Jahren ist Karl Tröger bei der PSI Software SE beschäftigt. In dieser Zeit hat er sich mit allen Aspekten von ERP-Software befasst und war in führenden Positionen in Entwicklung, Beratung und Marketing tätig. Heute versteht er sich als Bindeglied zwischen Kunden, Markt, Wissenschaft sowie Software-Entwicklung und Marketing. Der Diplom-Ingenieur der Elektronik und Nachrichtentechnik ist an der von der Bundesregierung initiierten Plattform Industrie 4.0 beteiligt und veröffentlicht regelmäßig vielbeachtete Publikationen über die Zukunft von fertigungsnaher Software.

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