Mit Mannheim, Heidelberg und Ludwigshafen betreibt Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (rnv) in gleich drei großen Einzugsgebieten Stadt-, Straßenbahn- und Buslinien. Hierfür verfügt sie über das größte zusammenhängende Meterspurnetz Deutschlands (208 Kilometer), über 451 Fahrzeuge sowie über drei Betriebshöfe und Abstellanlagen. Durchschnittlich eine halbe Million Fahrgäste nutzen die Mobilitätsangebote an einem regulären Werktag. Dabei sind viele der Angebote schon heute das, was man als „grün“ bezeichnet. Denn sowohl die E-Busse, Straßenbahnen und „Letzte-Meile-Shuttles“ als auch die Betriebshöfe werden mit 100 Prozent zertifiziertem Ökostrom betrieben. Bis 2032 will die rnv ausschließlich mit Naturstrom unterwegs sein.
Planungskomplexität: Analog nicht mehr zu bewältigen
Ein wichtiger Hebel für die Umsetzung der Unternehmensstrategie ist die Digitalisierung – und zwar für jeden Aspekt der rnv. Sie soll dabei unterstützen, Arbeitsabläufe zu optimieren, die Effizienz zu erhöhen und Kosten zu senken. Nach der erfolgreichen Konsolidierung und Digitalisierung zahlreicher Prozesse in der Betriebszentrale in Mannheim reifte auch der Entschluss, die Fahrzeugdisposition zu zentralisieren und innere mit äußeren Prozessen näher zusammenzuführen.
Vor diesem Hintergrund fiel der Startschuss für die Einführung des Depot Management Systems PSItraffic/DMS – eines von mehreren Digitalisierungsprojekten, die Dirk Zimmermann leitet.
Software: Voraussetzung für die Weiterentwicklung
Mit dem Einsatz des DMS zielt die rnv unter anderem auf eine standortübergreifende Koordination von betrieblichen Prozessen, wodurch an vielen Stellen der Aufwand optimiert werden konnte. So sind durch die zentrale 24/7-Fahrzeugdisposition wertvolle Kapazitäten für das Vorantreiben anderer dringender Aufgaben frei geworden.
Dies betrifft beispielsweise das Störungsmanagement, vor allem aber auch die Werkstattzuführungen. In Mannheim etwa koordinierten die Werkstätten die Zuführung der Fahrzeuge selbst – die Anforderungen des täglichen Betriebs wurden hier nicht immer berücksichtigt. Zudem waren die Zuführungen mit aufwändigen Abstimmungen, meist papierbasiert, verknüpft - das war weder zeitgemäß noch effizient.
Die großzügigen Fahrzeugreservierungen waren aus Sicht der Abteilung ja folgerichtig. Aus einer ganzheitlichen Perspektive betrachtet, führte dies aber zu einem unnötigen und teuren Stillstand von Fahrzeugen, die im täglichen Betrieb dringend gebraucht werden, so der Projektleiter.
Heute besteht durch die Integration der Werkstattprozesse in das DMS eine hohe Transparenz über alle Werkstattaufträge, wodurch die Ressourcen optimiert ausgelastet werden. Meldet zum Beispiel ein Fahrer über sein Tablet eine Störung, gelangt die Meldung aus dem SAP-System über eine Schnittstelle ins DMS und in die Werkstatt. Dort wird umgehend geprüft, ob das Problem sofort behoben werden muss. Ist dies der Fall, aktualisiert das System die Planung in Echtzeit und stellt gleichzeitig den pünktlichen Fahrbetrieb sicher. Hat die Behebung der Störung Zeit, disponiert die Software die Werkstattzuführung optimiert bzw. abgestimmt auf alle anderen betrieblichen Anforderungen.
Umlaufzuweisung: Elektro-, Wasserstoff- und Dieselbusse
Das A und O jedes Verkehrsunternehmens ist die Sicherstellung eines zuverlässigen Fahrbetriebs. Damit jede Bahn und jeder Bus pünktlich abfährt und ankommt, laufen im Hintergrund anspruchsvolle Planungsprozesse. Im Kern geht es unter anderem darum, verfügbare Fahrzeuge offenen Umläufen zuzuordnen. Gerade im Busbereich und vor dem Hintergrund der schrittweisen Umstellung von Diesel- auf Elektro- und Wasserstoff-Fahrzeuge sind die Anforderungen an die Planung deutlich vielschichtiger und herausfordernder geworden.
„Ohne die Erweiterung um ein Modul für das Last- und Lademanagement zum E-DMS wäre das gar nicht möglich“, so Zimmermann. So berücksichtigt das System für die Umlaufzuweisung die jeweiligen (individuellen) Ladezustände der Fahrzeugbatterien (State-of-Charge, SOC) und zielt gleichzeitig auf eine optimierte Energienutzung – unter anderem, um eine Überlastung der Netze und teure Lastspitzen zu vermeiden.
Zum Tragen kommt hier vor allem auch, dass die rnv mittlerweile E-Busse aus drei Generationen einsetzt, die mit verschiedenen Reichweiten nicht zu allen bzw. zu unterschiedlichen Umläufen passen. Sind die Umläufe länger als die E-Reichweiten, plant das System Dieselfahrzeuge und zukünftig Wasserstoffbusse ein.
Optimierte Ausnutzung der Stellfläche
Eng verknüpft mit der Zuordnung der Fahrzeuge zu den Umläufen ist auch die vollautomatische Stellplatz-Zuweisung. Auch hier haben sich aufgrund der hohen Auslastung der Betriebshöfe im Zuge des Ausbaus des ÖPNV Anforderungen ergeben, die sich über die vielen Standorte hinweg nur noch mithilfe der Software erfüllen lassen. So sind einige Betriebshöfe inzwischen so ausgelastet, dass gerade die Zuweisung der Stellplätze am Abend einem Tetris-Spiel gleicht. Es steht wenig Fläche zur Verfügung, und es gilt, möglichst wenig zu rangieren. Im Bahnbereich müssen zudem zwölf verschiedene Fahrzeugtypen mit unterschiedlichen Längen den Linien zugeteilt werden.
In beiden Bereichen identifiziert das DMS unter Berücksichtigung der nächsten Umläufe den am besten passenden Stellplatz und ermöglicht die effiziente Nutzung der vorhandenen Flächen und Linien. Laut Zimmermann ist hiermit ein digitaler Workflow verknüpft, der alle Anforderungen erfüllt. Wird ein Fahrzeug doch einmal falsch abgestellt, disponiert das System automatisch um oder zeigt dem Disponenten den identifizierten Fehler an, sodass er rechtzeitig reagieren kann.
In Zukunft autonom
Für die rnv hat sich die zentrale automatische Fahrzeugdisposition mit PSItraffic/DMS ausgezahlt. Sie ist effizient, spart erhebliche Aufwände, und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten gern mit dem System. Vor allem für die Disponentinnen und Disponenten bedeutet die Software eine große Arbeitserleichterung.
Fazit: Gut aufgestellt für den ÖPNV der Zukunft
Bei der rnv sind die Signale für den ÖPNV der Zukunft gestellt. Die Dispositionsprozesse werden dabei deutlich anspruchsvoller als in der Vergangenheit. Dank des Depot Management Systems PSItraffic/DMS kann das Unternehmen den langen Weg von der Excelplanung hin zur reinen Überwachung von Planungsergebnissen sicher beschreiten und ist damit nicht zuletzt auch softwareseitig bestens gerüstet, um das ins Auge gefasste Ziel der Klimaneutralität bis 2032 zu erreichen.