Rhätische Bahn/Andrea Badrutt

Aus der Praxis : Effizientes Reisen durch Flügelzugbetrieb bei der Rhätischen Bahn

Beliebte ebenso wie weniger frequentierte Strecken optimiert bedienen: Dieser Spagat gelingt der Rhätischen Bahn durch den Flügelzugbetrieb. Wie dem Schweizer Verkehrsunternehmen dies gelingt, lesen Sie hier. 

Ein Zug, zwei Ziele: Wer mit der Rhätischen Bahn unterwegs ist, sitzt seit Oktober 2022 möglicherweise in einem sogenannten Flügelzug und damit in einem Zug, der unterschiedliche Endstati-onen ansteuert. Ein optimales Zusammenspiel zwischen Dispositions- und Fahrgastinformationssystem stellt sicher, dass Reisende in den richtigen Teil des Zugs steigen und entspannt an ihrem Wunschzielort ankommen. 

Lange Züge – halbleer: Dieses Bild ist auf weniger frequentierten Strecken keine Seltenheit und birgt für viele Verkehrsunternehmen großes Potenzial. Denn die volle Zuglänge benötigen sie nur bis zu einer bestimmten Station. Hiernach ist der Einsatz von Personal, Rollmaterial und Infrastruktur angesichts der geringen Auslastung kaum wirtschaftlich. Auch das berühmte Schweizer Eisenbahnverkehrsunternehmen Rhätische Bahn kennt diese Situation, u. a. auf den Strecken von Landquart nach Sankt Moritz und Davos. Fahrgäste zu diesen Stationen starten ihre Reise oft auf der beliebten Strecke zwischen Landquart und Klosters, wodurch die Auslastung auf diesem Teilabschnitt besonders hoch ist. Stündlich und kurz hintereinander setzte die Rhätische Bahn daher in der Vergangenheit Züge nach Scuol und Davos ein, was die Infrastruktur enorm belastete. Auch mussten Reisende nach Davos zuweilen umsteigen und längere Reisezeiten in Kauf nehmen.

Hinzu kommt, dass unsere Fahrgastzahlen kontinuierlich wachsen und wir mit neuen Anschlussbeziehungen an den Knotenbahnhöfen unser Angebot weiter verbessern wollen. Angesichts dieser Entwicklungen haben wir uns für die Einführung und den sukzessiven Ausbau des Flügelzugbetriebs entschieden.

Reto Zünti Fachspezialist für Bahnsysteme bei der Rhätischen Bahn

Während Züge normalerweise von einer Station zur anderen fahren, starten Flügelzüge als Komposition mehrerer Triebzüge. An einem bestimmten Bahnhof teilen sie sich dann in zwei bis vier separate Züge, um schließlich unterschiedliche Endstationen anzusteuern. Bei ihrer Rückfahrt werden die Zugteile am selben Kuppelbahnhof wieder zu einem Zug zusammengeführt. Bei der Rhätischen Bahn fahren die Flügelzüge seit Ende 2022 fahrplanmäßig in Landquart ab und teilen sich in Klosters in Zugteile Richtung St. Moritz bzw. Davos.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Reisende mit Zielen jenseits von Klosters müssen nicht mehr umsteigen. Die Rhätische Bahn kann zudem die Strecke bis Klosters in kurzem Takt mit voller Zuglänge fahren und somit mehr Plätze anbieten, während sie die Teilstrecken ab Klosters mit kürzeren Zügen bedient. Hochfrequentierte ebenso wie Strecken mit weniger Fahrgästen lassen sich damit effizienter betreiben.

Übersicht Abfahrtszeiten
Übersicht Abfahrtszeiten PSI

Von Anfang an am richtigen Platz

Neben Herausforderungen an die Disposition, u. a. hinsichtlich der exakten Zuordnung von Zugteilen zu ihrem Zielort, stellt das Flügeln vor allem besondere Ansprüche an die Fahrgastinformation. So müssen Reisende in den richtigen Teil des Zugs navigiert werden, um während ihrer Fahrt bequem sitzen bleiben zu können. Fahrgäste müssen also sicher gelenkt und präzise informiert werden. Auf einen Blick muss für sie ersichtlich sein, in welchem Sektor ihr Wagenteil steht. Die Rhätische Bahn setzt hierfür auf ihr integriertes Fahrgastinformationssystem PSItraffic. Das System sorgt bereits seit vielen Jahren und unabhängig vom Flügelzugbetrieb für sichere Prozesse und steuert Reisende verlässlich zu ihren Wunschzielorten – auch durch den Einsatz mehrerer Sprachen.

Sektorengenaue Informationen in allen Medien 

Für den Flügelzugbetrieb sind moderne Anzeigen im Einsatz, die für die Verarbeitung und Darstellung von großen Informationsmengen und komplexen betrieblichen Zusammenhängen ausgelegt sind. Dazu zählt, dass die Züge in allen eingesetzten Medien, u. a. in Überkopfanzeigen auf Bahnhöfen, in der Fahrgast-App oder auf Bildschirmen in den Zügen sektorengenau visualisiert werden. Zudem werden standardisierte Symbole verwendet, die unabhängig von Herkunft, Alter oder möglichen Beeinträchtigungen der Reisenden leicht verständlich sind. Das Symbol für einen Flügelzug zeigt z. B. einen Punkt, von dem zwei Pfeile ausgehen.

Der Leiter betriebliche Kundeninformation, Tobias Perini, verweist darüber hinaus auf die Wichtigkeit der separaten, beziehungsweise individuellen Anzeige der Sektoren für unterschiedliche Ziele:

Flügelt sich der Zug z. B. nach St. Moritz und Davos, gibt es für beide Ziele und ihre jeweilige Strecke eine eigene Anzeige mit entsprechenden Via-Stationen und Sonderinformationen. Diese Art der Darstellung ist eindeutig und lässt alle Reisenden mit einem sicheren Gefühl in ihren Zug steigen.

Tobias Perini Leiter betriebliche Kundeninformation

Fahrgäste sehen auf den Bahnhofsanzeigen neben dem Sektor, in dem sie stehen müssen, auch die unterschiedlichen Fahrzeugklasse(n) und Leistungsmerkmale der Zugkomposition, z. B. wo sich Speisewagen, Kinder- oder Fahr-radabteile befinden. In den Zugteilen selbst finden sie ebenfalls überall Anzeigen des jeweiligen Ziels, so dass sie im Zweifelsfall auch noch während der Fahrt rechtzeitig in den richtigen Flügel wechseln können. 
 

Vollautomatisches Zusammenspiel

Technisch basiert die Fahrgastlenkung auf dem lückenlosen Zusammenspiel mit dem Leitsystem. Dieses erhält über eine Schnittstelle zum Wagenmanagementsystem Informationen zu den Leistungsmerkmalen aber auch technische Daten, z. B. die Länge der einzelnen Wagen. Auf dieser Basis errechnet das System den Haltepunkt am jeweiligen Bahnsteig, der wiederum Ausgangspunkt ist, um die Belegung der Sektoren zu berechnen und anzuzeigen. Reibungslos funktioniert der Flügelzugbetrieb nicht zuletzt, weil die visuelle und akustische Fahrgastinformation bei dispositiven Eingriffen vollautomatisch angepasst wird, also z. B. bei Fahrtkürzungen, Fahrtausfällen oder unterlassenem Kuppeln.

Flügelzug Startbahnhof
Der Flügelzug startet in Landquart PSI

Auf dem Weg zur Strategie 2030

Die Einführung und der Ausbau des Flügelzugbetriebs sowie weitere bereits geplante Betriebsfälle sind wichtige Hebel, mit denen die Rhätische Bahn die Ziele ihrer „Strategie 2030“ erreichen will. Dazu zählen kontinuierliche Angebotsverbesserungen, die Erschließung neuer Kundengruppen, weitere Taktverdichtungen sowie die Verbesserung der Verfügbarkeit. Nicht zuletzt werden Flügelzüge langfristig vor allem zu einem effizienteren Einsatz von Personal und einer optimierten Nutzung der Infrastruktur beitragen und der Rhätische Bahn wertvolle wirtschaftliche Vorteile verschaffen. 

Wirtschaftlich auf allen Strecken

Beliebte ebenso wie weniger frequentierte Strecken optimiert bedienen: Dieser Spagat gelingt der Rhätischen Bahn durch den Flügelzugbetrieb. Bei der Planung und Fahrgastinformation kann sich das Schweizer Verkehrsunternehmen auf sein bewährtes Dispositions- und Fahrgastinformations-system PSItraffic verlassen und profitiert vom automatisierten Zusammenspiel ebenso wie von der barrierefreien Kommunikation über alle Medien.

Die Rhätische Bahn

Rote Züge, die durch imposante Berglandschaften der Alpen, über historische Viadukte und durch historische Tunnel fahren:

Die Rhätische Bahn (RhB) ist weltberühmt und ein Drittel ihrer Strecke UNESCO Weltkulturerbe. Dass der Bahnbetrieb der RhB reibungslos läuft, ist auch einem komplexen technischen System zu verdanken, zu dem das integrierte Dispositions- und Fahrgastinformationssystem PSItraffic der PSI Transcom zählt. Durch die Einführung des Flügelzugbetriebs ist das Schweizer Unternehmen einen weiteren Schritt gegangen, um Personal und Infrastruktur optimal einzusetzen und gleichzeitig das Angebot für Reisende zu verbessern. Auch hier spielt PSItraffic ein wichtige Rolle und trägt dazu bei, dass Reisende zuverlässig an ihren Wunschzielort gelangen und die Rhätische Bahn ihre Ressourcen auch auf weniger frequentierten Teilstrecken effizient und nachhaltig nutzt.

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Ihr Kontakt

Robert Baumeister Geschäftsführer, PSI Transcom GmbH

Robert Baumeister führt seit Juli 2023, nach 4jähriger Tätigkeit als Projektleiter,  gemeinsam mit Torsten Vogel die Geschäfte der PSI Transcom und leitet den Fachbereich Train Management Systeme und ITCS-Lösungen. Ehe er 2016 zur PSI Transcom GmbH wechselte, war er u. a. im Energiesektor als Projektleiter für Netzleitsysteme tätig.

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