PSI Blog

Fabriksoftware 2019: Chancen und Risiken auf dem Weg zur Smart Factory

28.03.2019 - Industrie 4.0, Produktion

© iStock/yoh4nn, eigene Bearbeitung PSI Automotive & Industry
© iStock/yoh4nn, eigene Bearbeitung PSI Automotive & Industry

Schon heute ist es möglich, die digitale Fabrik zu beschreiben und eine Vielzahl an Daten zu sammeln. Dies gilt gleichermaßen für die Produkte, die in ihr hergestellt werden. Mehr und mehr werden diese Daten auch übergreifend zur Verfügung gestellt und zur Umsetzung neuer Geschäfts- und Betriebsmodelle verfügbar gemacht.

Dabei spielen Technologien wie IIoT (Industrial Internet of Things) oder Künstliche Intelligenz bei der Vernetzung als auch bei der Bereitstellung von Technologien und Rechenleistung eine führende Rolle.

Bereit für die Netzwerkökonomie?

Die Digitalisierung erfordert eine tiefe Integration der Systeme und Prozesse bei gleichzeitig stark gestiegen Anforderungen an die Flexibilität oder Agilität. Auf den ersten Blick klingt das wie ein Widerspruch in sich. Genau hier kommen Plattformen und Netzwerke ins Spiel. Die Verbindung von Leistungsangebot und der dazugehörigen Nachfrage kann über Intermediäre standardisiert werden. Diese Vermittler können als Markplatz oder als Konnektor agieren. Beispiele dafür sind z. B. der Industrial Dataspace (IDS) als Datenraum und Automatisierer von Geschäftsprozessen oder die myOpenFactory-Plattform als standardisierte Schnittstelle zwischen Geschäftspartnern. Eine weitere Kategorie sind die auf die Datenübertragung und -speicherung spezialisierten Plattformen für IoT-Devices.

Den renommierten Preis für die beste Fabriksoftware 2019 nahm Geschäftsführer Dr. Herbert Hadler in Frankfurt am Main entgegen. © GITO Verlag
Den renommierten Preis für die beste Fabriksoftware 2019 nahm Geschäftsführer Dr. Herbert Hadler in Frankfurt am Main entgegen. © GITO Verlag
Ausgezeichnet

Fabriksoftware des Jahres 2019

Die PSI Automotive & Industry GmbH wurde vom Forschungs- und Anwendungszentrum Industrie 4.0 am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, Prozesse und Systeme der Universität Potsdam in der Kategorie Komplettlösung als beste „Fabriksoftware des Jahres 2019“ ausgezeichnet. Die Verleihung fand am 20. März 2019 im Rahmen des Fachkongress Fabriksoftware 2019 in Frankfurt statt.

Die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle oder aber auch die Überwachung entfernt ablaufender Produktionsprozesse oder Logistikaktivitäten erfordern eine Vernetzung mit den entfernt genutzten Systemen oder Sensoren. Eine wesentliche Anforderung für die Nutzung von Plattformen bzw. die Kooperation über Plattformen ist die Fähigkeit der beteiligten Systeme, ihre Funktionen und Daten als Services in einer angemessenen Granularität zur Verfügung zu stellen. Die Services (API) müssen eindeutig beschrieben sein (Input, Funktion, Output). Damit sind dann eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten an die Softwarelösung verfügbar und durchgehende Prozesse abbildbar. Die Softwarelösungen der PSI werden schrittweise modularisiert und eventuell vorhandene Einschränkungen für den Betrieb als Plattform für die unternehmensinterne und standortübergreifende Produktionssteuerung aufgelöst. Der Prozess ist fortgeschritten und viele Komponenten genügen bereits heute hinsichtlich Granularität, Unabhängigkeit und Integrationsfähigkeit den Anforderungen eines Plattformbetriebes.

Zeitverhalten von Businessanwendungen. © PSI Automotive & Industry
Zeitverhalten von Businessanwendungen. © PSI Automotive & Industry

Die Integrationsarchitektur erlaubt die Nutzung lokaler wie entfernter Ressourcen gleichzeitig und völlig transparent: D. h. der Ort der Datenhaltung und die Lokalisierung eines Services spielen keine Rolle mehr für die Nutzung.

Die vorhandenen Services können bereits heute durch Workflows über ihre APIs verknüpft werden. Bei der Nutzung von Cloud-basierten Plattformservices sind einige Einschränkungen zu berücksichtigen. An erster Stelle stehen hier die Verfügbarkeit und das Zeitverhalten. Kritische Anwendungen sind daher eher ungeeignet für den Betrieb auf Plattformen. Es sind hier entsprechende Service-Level zu vereinbaren bzw. Fallback-Strategien vorzusehen. Bei potentiell zu erwartenden Echtzeitanforderungen (z. B. Maschinensteuerung) muss das Zeitverhalten und die Quality of Service dazu passen.

Zeitkritische Anwendungen können quasi am Rand („Edge“) des Produktionssystems als Controller betrieben werden. Die Daten werden dann in eine Private Cloud transferiert und weiter verarbeitet („Fog“). Die Herausforderung besteht in der Synchronisation der Daten auf den verschiedenen Ebenen zwischen dem Produktionsprozess (z. B. Maschine, SPS) oder der Nutzung (IoT) und der dazugehörigen Cloud-Anwendung. Hierzu werden aktuell Konzepte erarbeitet und praktische Untersuchungen durchgeführt (z. B. mit NoSQL-Datenbanken und Replikation).

Themen der weiteren Entwicklung sind hier die Schaffung von Standard-Konnektoren zu beliebigen Applikationen (AaaS – Application as a Service). Mit derartigen APIs können Anwendungen und Dienste in die eigene Softwarewelt integriert werden. Beispiele sind KI-Services oder Informationsabfragen in lokalen und/oder entfernten Systemen. Viele Konzepte und Realisierungen im Umfeld digitaler Zwillinge kommen an Plattformintegration ebenfalls nicht vorbei. Mittelfristig können dann Smart Contracts und die Benutzung von Distributed-Ledger-Technologien wie Blockchain für die automatische Aushandlung von Verträgen zwischen Anbietern und Nachfragern von Produkten und Leistungen angewendet werden.

Digitale Zwillinge der Fabrik. © PSI Automotive & Industry
Digitale Zwillinge der Fabrik. © PSI Automotive & Industry

Technologiestandards nutzen

Die fortgeschrittene Modularisierung von Software und die Nutzung von ausgereiften Integrationstechnologien unterstützt eine wandlungsfähige und vernetzte Produktionsumgebung. Zu den Herausforderungen einer vernetzten Produktion gehört die Sensorintegration, die horizontale Integration über (autonome) Produktionseinheiten und die vertikale Integration bis in die Cloud. Die zunehmende Modularisierung und Flexibilität bis hin zur Wandlungsfähigkeit der Fertigungssysteme spiegelt sich in den Softwarelösungen für die digitale Fabrik und den Planungswerkzeugen wider.

Die zunehmende Automatisierung der Prozesse bis hin zu einer zukünftig möglichen Aushandlung von „Lieferverträgen“ zwischen Maschinen kann nur funktionieren, wenn alle beteiligten Partner über die notwendigen, aktuellen und vor allem digitalen Informationen verfügen. Demzufolge wird es kurzfristig darauf ankommen, die Integration des Shopfloors mit alle Komponenten der Auftragsabwicklung in der digitalen Fabrik massiv voranzutreiben. In diesem Zusammenhang steht auch die Verschmelzung von Produktion und Logistik. „Manufacturing Execution“ wird mehr und mehr zu „Manufacturing & Logistic Execution“.

Generell gilt: Nur mit zeitsynchronen Auftrags-, Produktions- und Maschinendaten kann es gelingen, auf allen Ebenen Transparenz zu erreichen und die Prozesse zu beherrschen. 

PSI Lösungsarchitektur. © E-x-3 Creating Images GmbH
PSI Lösungsarchitektur. © E-x-3 Creating Images GmbH

Brownfield-Umgebungen: Für Automatisierung ist es nie zu spät

Die entwickelten Fabriken Europas und der Welt sind produktionsseitig geprägt von gut ausgestatteter Fertigungstechnik. Die Standzeiten betragen oft 20 Jahre und mehr. Die hohen Investitionen von Produzenten in die Maschinen und Anlagen müssen sich über längere Zeiträume amortisieren. Dem entgegen stehen die aktuell notwendigen Aufgaben im Umfeld der Digitalisierung als einer der Treiber für die Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Viele der genutzten Systeme verfügen nicht über die dazu notwendigen Fähigkeiten zur Integration in digitalisierte Produktionsprozesse.

Neben der hardwareseitigen Aufrüstung der existierenden Technik (beispielsweise durch automatisierte Förder- oder Handhabungstechnik) erfordert die Digitalisierung der Prozesse auch die prozessnahe und automatische Gewinnung von Informationen über den Zustand des Produktionssystems (z. B. Technik, Aufträge oder Qualität). Ein freier und ungehinderter Datenfluss von den Anlagen und Systemen in der Fabrik bis zum ERP-System und zurück wird immer bedeutsamer.

Der Digitalisierungsprozess zusammengefasst. © Pixabay/Eigene Bearbeitung PSI Automotive & Industry
Der Digitalisierungsprozess zusammengefasst. © Pixabay/Eigene Bearbeitung PSI Automotive & Industry

Das Dilemma von langen Standzeiten und Amortisationsdauern der Fertigungstechnik sowie kurzfristigen Anforderungen aus der notwendigen Digitalisierung der Prozesse kann nur aufgelöst werden, indem die Produktionssysteme informationstechnisch aufgerüstet werden. Die Neuanschaffung von entsprechender Produktionstechnik ist meistens nicht möglich und demzufolge müssen andere Wege gefunden werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben und damit die Investitionen der Vergangenheit zu sichern. Die eingesetzte Fabriksoftware muss diesen sogenannten Brownfield-Ansatz unterstützen.

Die Aufgabenstellungen lassen sich allerdings nicht nur mit dem Einsatz geeigneter Software lösen. Als Stichwort genannt sei hier die Nachautomatisierung von Altanlagen und -maschinen. In der Konsequenz bedeutet dies, dass nachträglich Sensorik und ggf. auch Aktoren zur Überwachung und Steuerung der Anlagen eingebaut werden. Je nach gewünschtem Ziel der Aktivitäten müssen die entsprechenden Voraussetzungen in den Anlagen geschaffen werden.

Es ist sinnvoll, den digitalen Transformationsprozess mit überschaubaren Projekten zu starten. Nach der Identifikation und Analyse möglicher Prozesse kommt es auf die Strukturierung und die Schaffung der organisatorischen Voraussetzungen an. Mittels Piloten werden Use-Cases verifiziert. Abhängig vom Ergebnis kann die Umsetzung und Industrialisierung der Projekte erfolgen. Unterstützt werden derartige Maßnahmen z. B. durch standardisierte Prozesskopplungsmodule.

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile

Vorteile einer integrierten Workflow-Engine: In BPMN 2.0 modellierte Prozesse werden direkt ausgeführt, die Entwicklungszyklen erheblich verkürzt. © PSI Automotive & Industry
Vorteile einer integrierten Workflow-Engine: In BPMN 2.0 modellierte Prozesse werden direkt ausgeführt, die Entwicklungszyklen erheblich verkürzt. © PSI Automotive & Industry

Die PSI Automotive & Industry GmbH bietet die sogenannte PSI iBox an. Hiermit können analoge und digitale Signale abgegriffen und über den integrierten OPC UA Client/Server (plattformunabhängige, service-orientierte Architektur) an die existierende Softwarewelt übertragen und dort interpretiert und weiterverarbeitet werden. Dies stellt allerdings nur eine Möglichkeit dar.

Grundsätzlich sind die PSI- Integrationsinfrastruktur und die nachgelagerten Softwaremodule geeignet, nahezu beliebige Kopplungen zu Sensoren und Aktoren herzustellen. Damit kann die Flexibilität bei der (nachträglichen und bidirektionalen) Anbindung von Maschinen sichergestellt werden. Auf die gleiche Art und Weise können auch existierende Softwaresysteme mit den PSI-Lösungen verknüpft werden. Je nach Anspruch und Zielstellung können die vorhandenen Anwendungen ganz oder teilweise ersetzt oder auch um weitere Funktionsbereiche ergänzt werden.

Portrait Karl Tröger

Karl Tröger

Business Development Manager PSI Automotive & Industry GmbH

Seit mehr als 20 Jahren ist Karl Tröger bei der PSI Automotive & Industry. In dieser Zeit hat er sich mit allen Aspekten von ERP-Software befasst und war in führenden Positionen in Entwicklung, Beratung und Marketing tätig. Heute versteht er sich als Bindeglied zwischen Kunden, Markt, Wissenschaft sowie Software-Entwicklung und Marketing. Der Diplom-Ingenieur der Elektronik und Nachrichtentechnik ist an der von der Bundesregierung initiierten Plattform Industrie 4.0 beteiligt und veröffentlicht regelmäßig vielbeachtete Publikationen über die Zukunft von fertigungsnaher Software.

+49 30 2801-2003
ktroeger@psi.de

Facebook-Logo
Xing-Logo
Linkedin-Logo